Kathmandu und ABC

 

Die Schultage neigen sich für mich dem Ende entgegen denn ich plane mit Krishna, der schon in Kathmandu auf mich wartet, ein paar Tage zum Wandern zu gehen. Wir wollen zum Annapurna Base Camp (ABC) laufen. Krishna hat in dieser Saison nur eine einzige Tour geführt. Mit Hermann, einem alten Kunden aus Deutschland, hat er den Manaslu umrundet und so wenigstens ein paar Rupies verdienen können. Natürlich freut er sich über eine weitere Tour, denn wie bei allen anderen Guides leidet sein Einkommen gewaltig unter den ausbleibenden Touristen. Inzwischen denkt auch er wie viele andere Nepali darüber nach, irgendwo im arabischen Ausland sein Geld zu verdienen.

Am 4. Mai fahren wir per Bus in sieben Stunden von Kathmandu nach Phedi, einem kleinen Dorf nahe Pokhara. Von dort steigen wir in anderthalb Stunden nach Dhampus hinauf wo wir die erste Nacht verbringen. Die nächsten beiden Tage geht es über Jhinu nach Hotel Himalaya. Die Strecken sind nicht schwierig zu laufen, allerdings heißt es jedes Mal wenn wir einen Höhenzug geschafft haben auf der anderen Seite wieder ins Tal abzusteigen um dann wieder auf den nächsten Berg hinauf zu laufen. Krishna kommentiert mein Jammern darüber ganz lakonisch: Nimm dein Handy und bestelle einen Helikopter. Die oft endlos langen Treppen und mit unterschiedlichen, manchmal unverschämt hohen Stufen halben mir an den ersten beiden Tagen ordentlich zu schaffen gemacht. Auf dem Rückweg wollte ich die Stufen nach Chhomrong, einem der längsten Anstiege, zählen. Etwa in der Mitte habe ich bei 800 aufgegeben. 

Die letzten 1200 m Aufstieg von Himalaya zum Base Camp konnte ich dagegen genießen und auch flott laufen. Der Weg verläuft langsam ansteigend über einen lang gezogenen Berghang mit einigen Altschneefeldern. Leider ist der Himmel wolkenverhangen und wir gehen im Nebel. Am frühen Nachmittag treffen wir im Base Camp ein und entgehen so, wie am Tag zuvor auch, dem einsetzenden Nieselregen der abends dann in Schnee übergeht. Wir hoffen auf einen klaren Morgen.

Um fünf Uhr in der Früh höre ich draußen Stimmengewirr und dann klopft auch schon Krishna an die Tür: Aufstehen und die Aussicht genießen! Tatsächlich, der Himmel ist klar, die Berge ringsherum leuchten weiß im Dämmerlicht und wir gesellen uns zu den bereits zahlreichen Frühaufstehern. Nach dem Sonnenaufgang gibt es Frühstück und um sieben machen wir uns auf den Weg nach unten. Nach sieben Tagen ist unsere Tour beendet und wir genießen noch einen Ruhetag in Pokhara bevor wir wieder nach Kathmandu zurück fahren.

Wie nicht anders zu erwarten vergehen die letzten Tage wie im Flug. Verschiedene kleine Erledigungen und Besorgungen sind zu machen, das angesammelte Gepäck muss durchgeforstet werden – was geht mit, was bleibt hier, denn mehr als 20 kg sollte der Rucksack nicht auf die Waage bringen.

Natürlich möchte ich mich auch von allen mit denen ich engeren Kontakt hatte richtig verabschieden: Krishna, der inzwischen nach Lamagoan zur Familie gefahren ist um seine kleine Landwirtschaft zu versorgen, Shyam, der sich um die Spendengelder für die Schule in Bhadaure kümmert und Nanu, seine Schwester die inzwischen ihr zweites Interview bei der Botschaft absolviert hat und auf das Ergebnis wartet. Zur Vorbereitung hat sie die Hilfe einer professionellen Agentur in Anspruch genommen, die ihr auch eine Au Pair Stelle vermittelt hat. Mandhoj, ihren Vater treffe ich vielleicht noch am Tag meines Fluges nach Ladakh, denn er will sich in Kathmandu in einem Krankenhaus seine lädierten Knie behandeln lassen. 

Ramesh und seine Guides  sowie das Personal vom Hotel Horizon, in dem ich inzwischen fast daheim bin, treffe ich ja täglich und sie werden mich sicher wieder mit Tika und Mala und ein paar Tränen verabschieden.

Dann gibt es hier auch noch viel Neues zu entdecken oder bereits bekannte aber schöne Orte nochmals zu sehen wie zum Beispiel Swayambunath (Affentempel), den hinduistischen Pilgerort Budhanilkantha mit der großen Vishnustatue oder Sundarijal, das Quellgebiet des Bagmati-Flusses.

Die Versorgungslage des Landes hat sich in den letzten zwei Monaten normalisiert und öffentliche Verkehrsmittel sind nicht mehr überfüllt und Taxis fahren wieder zu erschwinglichen Preisen. Die Tageszeitung berichtet wieder vorwiegend über aktuelle Politik, Sport aus aller Welt und lokale Ereignisse. Man erfährt zum Beispiel dass der Bestand der Tiger durch Wilderer gefährdet ist, recht häufig wird über schwere Busunfälle berichtet und auch der Tod eines Mannes durch eine Nashornattacke ist kein Einzelfall.


In den nahezu sechs Monaten hier in Nepal sind mir Land und Leute sehr ans Herz gewachsen. Wenn Einheimische erfahren was ich in meiner Zeit in Nepal gemacht habe, bedanken sie sich bei mir als ob ich ihnen persönlich geholfen hätte. Ich denke, alle die mit ihren Spenden geholfen haben in den beiden Schulen die Situation ein klein wenig zu verbessern können stolz sein und wie der kleine Junge in der Geschichte sagen: Ich konnte nicht allen helfen aber für die zwei Schulen ist die Welt ein bisschen besser geworden.

Ich möchte mich hier auch nochmals bei jedem für seinen Beitrag bedanken. Ohne eure Mithilfe wäre das alles nicht so möglich gewesen. 

Wenn ich es irgendwie machen kann möchte ich meine Unterstützung, insbesondere für Bhimkhori, fortsetzen.